Fritz Bauer und die Auschwitzprozesse – eine Bildungsreise nach Frankfurt

Das Fanprojekt führte Ende Oktober seine erinnerungspolitischen Bildungsreisen mit jungen Fans der BSG Chemie Leipzig fort. Nach mehreren Projekten in Polen und Slowenien in den vergangenen Jahren ging es dieses Mal in die Partnerstadt Frankfurt. Die Main-Metropole ist nicht nur ein Ort mit einer bewegenden jüdischen Geschichte, sondern auch die Stadt, in der 1963 der erste Auschwitzprozess begann. Dieses Thema – die vergangenheitspolitische und erinnerungskulturelle Dimension und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen – war der Aufhänger des dreitägigen Programms. Zusammen mit dem Eintracht-Frankfurt-Museum erforschten wir die nationalsozialistische Ausgrenzungs- und Gleichschaltungspolitik am Beispiel der Frankfurter Eintracht und ausgewählten Biographien. Ganz nachdrücklich bliebt uns dabei das Gespräch mit dem Eintracht-Ehrenmitglied Helmut „Sonny“ Sonneberg in Erinnerung. In einem beindruckenden Treffen berichtete er uns von den antisemitischen Demütigungen der Nazis, die er als Kind erleben musste, von seiner Deportation nach Theresienstadt und davon, wie die Eintracht ihm nach der Befreiung den Lebensmut wiedergab. Das vom Eintracht-Museum organisierte und moderierte Gespräch hinterließ bei allen Teilnehmenden einen bleibenden Eindruck. Am zweiten Tag stand die Person Fritz Bauer im Mittelpunkt. Bauer war im Post-NS-Deutschland hessischer Generalstaatsanwalt, maßgeblich an der Ergreifung und Verurteilung von Adolf Eichmann beteiligt und initiierte zusammen mit einer Handvoll junger Staatsanwälte – gegen viele Widerstände in Justiz und Politik – den ersten Auschwitzprozess in Frankfurt. Ein Stadtrundgang führte uns an seine Wirkungsstätten und die Prozessorte. Im Anschluss fand zusammen mit Mitarbeiterinnen des Fritz-Bauer-Instituts ein Workshop zur Rezeption der Auschwitzprozesse statt. Beindruckend waren hier vor allem die vielen Tondokumente, die Zeugnis über die Handlanger der Exekutoren und Massenvernichtung abgaben. Lebhaft und Kontrovers diskutieren wir im Anschluss über die Bedeutung der Verhandlungen und die unterschiedlichen juristischen, historischen und politischen Perspektiven. Die Reise endete am nächsten Tag mit einem Herbststurm und dem Besuch des Jüdischen Museums im Rothschild-Palais. Das Museum behandelt und thematisiert das Wiederentstehen jüdischen Lebens nach der Shoa in vielen persönlichen Geschichten. Die neue Dauerausstellung „Wir sind Jetzt“ erzählt dabei die Geschichte der Jüdinnen und Juden in Frankfurt von der Aufklärung und Emanzipation bis zur Gegenwart. Zentral ist dabei stets die politische wie philosophische Frage: Wie wollen wir zusammenleben? Die drei Tage in Frankfurt haben uns auf jeden Fall geholfen, ein paar Antworten mehr dazu auf Lager zu haben…

 

Wir danken vor allem dem Eintracht-Museum, dem Frankfurter Fanprojekt und dem Fritz-Bauer-Institut für die Unterstützung. Ohne die drei Institutionen wäre die Fahrt so nicht möglich gewesen.

Das Projekt „Auf Spurensuche“ wurde vom Referat für Internationale Zusammenarbeit der Stadt Leipzig gefördert.