»Wir waren die Juddebube« Rückblick auf eine Veranstaltung über die Frankfurter Eintracht und ihre Juden

Im sehr gut gefüllten Capa-Haus ging es in der vergangenen Woche einmal mehr um erinnerungspolitische Auseinandersetzungen im Fußball – zu Gast dieses Mal: die Eintracht aus Frankfurt. Felix Börner vom Eintracht Frankfurt Museum war angereist, um den anwesenden Zuhörer:innen einen Einblick in die sporthistorische Aufarbeitungsgeschichte des Vereins und seinen Fans zu geben.

Vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten galt die Eintracht als ein liberaler und kosmopolitischer Sportverein, imagebildend war vor allem das Engagement vieler jüdischer Funktionäre, Förderer und Athleten: am bekanntesten war dabei sicherlich die ehemals weltgrößten Schuhfirma J. & C.A. Schneider, nach deren Hausschuhen die Spieler der Eintracht im Volksmund auch »Schlappekicker« genannt wurden. Wie fast alle Fußballclubs kooperierte aber mit der Machtübernahme der Nazis auch der Verein recht schnell und widerstandlos mit dem neuen Regime, die arische Abstammung bestimmte auch hier die Vereinsmitgliedschaft.

Nach der Befreiung durch die Alliierten dominierten viele Jahrzehnte des Beschweigens und Verdrängens die Geschichte der Eintracht. Erst mit der Jahrtausendwende und dem Engagement einzelner Fans und Fanclubs gelang es langsam, ein »Problembewusstsein« über die nationalsozialistische Mittäterschaft von Sportlern und Funktionären zu schaffen. Ganz maßgeblich waren hierfür zwei Bücher: »Wir waren die Juddebube« von Matthias Thoma und die Studie »Vereinsführer« von Maximilian Aigner und dem Fritz Bauer-Institut. Und ganz maßgeblich war auch die Geschichte von Helmut »Sonny« Sonneberg – dem vielleicht wichtigsten Zeitzeugen der Eintracht im NS – die endlich den Raum erhalten hat, den sie verdient. »Sonny« war nie ein bedeutender Funktionsträger oder erfolgreicher Sportler für seine Eintracht, sondern »nur« ein fanatischer Anhänger, eben ein Fan. Seine Geschichte und sein Vermächtnis stehen exemplarisch für die antisemitische Ausgrenzung und Verfolgung, aber auch für die leidenschaftliche Verteidigung universeller demokratischer Werte und das Wachhalten der Erinnerung. Vielen Dank an den Referenten und an das Museum für den tiefen Einblick in die Erinnerungskultur der Eintracht – Frankfurt vergisst nicht!

 

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