Das Netzwerk der Träger der Fanprojekte hat eine Pressemitteilung herausgegeben, welche den Sicherheitsgipfel vom 18.10.2024 thematisiert. Wir teilen diese im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren Innenminister*innen,
mit Interesse und Spannung haben wir, die Trägervertreter*innen der Fanprojekte, die Pressekonferenz nach dem Sicherheitsgipfel- Gewalt und Pyrotechnik im Fußball- am 18.10.2024 verfolgt. Wir hatten erwartet und gehofft, dass die Stärkung der professionellen Präventionsarbeit als zentralem Schlüssel für eine nachhaltig wirksame Gewaltreduzierung einen prominenten Platz in den Überlegungen auf dem Gipfel eingenommen hätte. Wie wir wissen, haben die Fußballverbände, aber auch die Jugendhilfe konkrete Vorschläge zur Stärkung der Gewaltpräventionsarbeit unterbreitet, wie z.B. die verbesserte Förderung der Fanprojekte sowie die bundesweite Ausweitung der Stadionallianzen als zentrale Präventionsinstrumente. Deshalb hätten wir Vorschläge erwartet, wie diese erfolgreichen Säulen gelingender Prävention noch besser strukturell unterstützt und finanziell bedarfsgerecht ausgestattet werden können.
Stattdessen haben wir mit Unverständnis, Verärgerung und Sorge das Gegenteil zur Kenntnis nehmen müssen. Neben wortreich und wenig konkret angekündigten Kontroll- und Restriktionsmaßnahmen hielten Sie für den zentralen Bereich der Präventionsarbeit ein lediglich allgemeines und wenig kenntnisreiches Lippenbekenntnis für ausreichend.
Noch beunruhigender ist der Umstand, dass die Innenminister*innen unwidersprochen die Wirksamkeit der Tätigkeit der Fanprojekte grundsätzlich und pauschal in Frage stellen konnten. Sie taten dies, obwohl einschlägige Erfahrungen seit Jahren das genaue Gegenteil belegen! Welche Zielrichtung wird mit derlei unreflektierten Aussagen beabsichtigt?
Gerade in der aktuellen, herausfordernden Situation, in der die Fanprojekte aufgrund der Krisen in den öffentlichen Hauhalten ohnehin strukturell und finanziell unter Druck stehen, schafft eine solche Äußerung massive Verunsicherung bei den tagtäglich mit hohem Einsatz professionell tätigen Mitarbeiter*innen der Fanprojekte, aber auch bei uns als Trägern sowie bei den zahlreichen, mit den Fanprojekten zusammenarbeitenden Akteur*innen.
Wir als Träger der sozialpädagogischen Fanprojekte stellen uns und Ihnen die Frage, aus welchen Motiven, welchem Grund und mit welchem Ziel die Wirksamkeit der Fanprojektarbeit in Zweifel gezogen wird. Und zu welchem Zweck eine Wirksamkeitsanalyse gefordert wird?Ist Ihnen nicht bekannt, dass es seit Jahren ein erprobtes und stetig weiter entwickeltes externes und zentrales Evaluierungsverfahren gibt, welchem sich alle Fanprojekte regelmäßig zu unterziehen haben. Die durch den Beirat der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS- Beirat) beauftragte AG Qualitätssicherung hat für die Überprüfung und Bewertung der Arbeit der Fanprojekte ein wissenschaftlich begründetes Konzept und Verfahren entwickelt und setzt dieses konsequent um.
Ist Ihnen nicht bekannt, dass die Polizeibehörden an den Fanprojektstandorten die Tätigkeit der Fanprojekte im Rahmen der Fremdeinschätzungen als Teil des Evaluierungsverfahrens grundsätzlich als konstruktiv und positiv bewerten?
Ist Ihnen auch nicht bekannt, dass durch die Koordinationsstelle (KOS) in Frankfurt eine kontinuierliche und professionelle Fachberatung, Fortbildung sowie Hilfestellung bei der Bewältigung neuer fachlicher Herausforderungen für alle Projekt- Standorte sichergestellt wird?
Und schließlich, ist ihnen nicht bewusst, dass auch wir als Anstellungs- und Projektträger unsere Verantwortung für eine hohe Professionalität und Qualität der Fanprojektarbeit sowie für eine gelingende Vernetzung mit allen relevanten Akteuren vor Ort überaus ernst nehmen.
Die Trägerorganisationen verweisen auf die Stellungnahme der BAG Fanprojekte und unterstützen diese vollumfänglich.
Wir erwarten, dass Sie mit den Vertretungsorganen der Fanprojekte und der Trägerorganisationen in einen offenen Dialog eintreten, um sich zunächst substantiell über Inhalte und Aufgaben, Qualitätsstandards und Qualitätssicherungsverfahren zu informieren und darauf aufbauend gemeinsame Ziele dialogisch zu erarbeiten. Dies setzt jedoch einen Dialog auf Augenhöhe voraus. Das bestehende Netzwerk der Fanprojekte strukturell und finanziell zu stärken, wäre ein gemeinsamer, wichtiger Beitrag für eine wirkungsvolle Prävention.
Die Gewährleistung der Stadionsicherheit wird ohne qualifizierte Prävention durch starke Fanprojekte und ohne Zusammenarbeit aller Akteure aus ihren jeweiligen Rollen heraus sowie im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft nicht gelingen. In diesem Sinne sehen wir in Ihnen wichtige und notwendige Gesprächspartner*innen, auch zu anderen, aus unserer Sicht relevanten Themen, wie z.B. Fachkräftesituation oder Zeugnisverweigerungsrecht.
Gern stehen wir für Gespräche und fachlichen Austausch zur Verfügung und freuen uns auf Ihre Einladung.
Mit freundlichen Grüßen,
für das Netzwerk der Träger der Fanprojekte
Rolf Hanselmann & Steffen Kröner
25.10.2024